Von der Vision zur Realität
Oerel. In Oerel ist gestern das Mehrgenerationenhaus (MGH) eingeweiht worden. Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung, der Vereine und Institutionen nahmen an der Feierstunde im
renovierten „Koopmannhof“ teil und gratulierten insbesondere den geistigen Vätern des Projektes zu einer, wie Siegfried Dierken vom Amt für Landentwicklung es nannte, „grandiosen Idee“ und deren
gelungener Umsetzung. Von Frauke Siems
Visionen verbinden: Architekt Lothar Tabery (rechts) überreicht Gemeindebürgermeister Helmut Ringe (links) den Schlüssel und einen Bildband über den „Koopmannhof“ Oerel. Fotos: Siems
Das MGH in Oerel ist neben Waffensen und Zeven die dritte Einrichtung dieser Art im Landkreis Rotenburg. Eigentümer ist die Gemeinde Oerel, Betreiber der Bremervörder Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Seinen Namen verdankt das Haus dem früheren Besitzer, der Familie Koopmann. Das renovierte Gebäude bildet den Kern des Modellprojektes „Mehrgenerationenwohnen“ (siehe Zusatzinfo). Im Untergeschoss ist ein für alle Bürger offenes Begegnungs- und Veranstaltungszentrum im Werden. Die vom DRK mit der Hausleitung betraute Erzieherin Ramona Riggers und viele engagierte Einwohner Oerels und der Samtgemeinde Geestequelle arbeiten an einem bedarfsgerechten Veranstaltungs- und Service-Angebot für alle Generationen.
Bei der gestrigen Eröffnungsfeier bezeichnete der DRK-Kreisverbandsvorsitzende Rainer Brandt die offizielle Eröffnung des „Koopmannhofes“ als „bedeutsaes Ereignis“. Das Haus werde getragen von „der Kraft der Begegnung über Generationen hinweg“.
Gedankliche Väter des Projektes sind Oerels Gemeindebürgermeister Helmut Ringe, Architekt Lothar Tabery und der ehemalige Hauseigentümer Kurt Koopmann. Erste innovative Ideen trug das Trio 2006 in Harsefeld zusammen: Im Zuge des EU-Förderprogramms „ILEK“ arbeiteten Ringe, Tabery und Koopmann zusammen mit vielen anderen kommunalen Vertretern der Region an einem ländlichen Entwicklungskonzept. „In unserer Gruppe waren am Ende wir drei übrig“, erinnerte Ringe.
Er dankte den vielen haupt- und ehrenamtlichen Unterstützern des Projektes, darunter der ehemalige Samtgemeindebürgermeister Helmut Kück und die vielen engagierten Bürger, die sich in Arbeitsgruppen und auf vielfältige Weise eingebracht hätten. „Johann Roggenkamp war in den letzten Tagen öfter hier im Haus als ich, und das will was heißen“, würdigte Ringe das große Engagement der ehrenamtlichen Helfer.
Zur inhaltlichen Ausgestaltung der künftigen Angebote hätten die Bürger aus Oerel und der Samtgemeinde bei einer „Ideenwerkstatt“ bereits viele Vorschläge zusammengetragen. „Mittlerweile stehen auch Namen dahinter“, freute sich Ringe. „Eine luxuriöse Ausstattung fördert nicht die Gemeinschaft. Die Gemeinschaft selbst muss der Wert sein.“ Der Bürgermeister zeigte sich optimistisch, dass in absehbarer Zeit auch die geplanten Wohnhäuser in direkter Nachbarschaft zum „Koopmannhof“ gebaut würden, so dass „ein ganzes Zentrum“ für alle Generationen entstehe.
Der Rotenburger Landrat Hermann Luttmann lobte Oerels erfolgreiches Bemühen um eine „zukunftsgerichtete Infrastruktur“. 2003 habe die damalige niedersächsische Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) ein Aktionsprogramm gestartet, um „offene Nachbarschaftstreffpunkte zu schaffen“, erinnerte Luttmann. Das Programm fußte auf vier Säulen: Alter und Pflege, Bildung und Integration, haushaltsnahe Dienste und freiwilliges Engagement.
„Wir brauchen übergreifende Strategien, um dem demografischen Wandel zu begegnen“, mahnte Luttmann. Die Kommunikation zwischen den Generationen werde schwieriger. „Wir werden weniger, älter und vielfältiger. Das verändert die Grundlagen des Zusammenhaltes in der Gesellschaft“, sagte der Verwaltungschef. „Wir sind gut beraten, Inititiaven vor Ort zu fördern“. Im MGH in Oerel könne sich „jeder mit seinen Interessen und Fähigkeiten einbringen“. Ob Leihgroßeltern, Hausaufgabenhilfe, Mittagstisch, Kochkurse oder die Hilfe für Demenzpatienten und deren Angehörige: „Ehrenamtliches Engagement schafft Raum für Angebote vor Ort“, zeigte sich Luttmann überzeugt. „Wir brauchen die neuen Ideen der Jungen und die Erfahrungen der Alten.“ In Oerel sei ein „einladendes Gebäude entstanden, das für die gesamte Samtgemeinde Geestequelle die Chance biete, „den Ortskern sinnstiftend zu beleben“.
Auch Samtgemeindebürgermeister Stephan Meyer betonte, dass das MGH ausdrücklich allen Bürgern der Samtgemeinde und darüber hinaus offen stehe. Die Samtgemeinde habe das Projekt mit 120 000 Euro unterstützt und die Samtgemeinde-Bücherei im neuen Begegnungszentrum untergebracht. Meyer überreichte Hausleiterin Ramona Riggers einen Blumenstrauß. Er sei überzeugt, dass eine Menge Potential in der Samtgemeinde stecke. Die Einwohner rief er auf, die künftigen Angebote zu nutzen.
Siegfried Dierken, Dezernatsleiter beim Amt für Geoinformation und Landentwicklung Niedersachsen (LGLN) in Verden, lobte die „grandiose Idee“, mit der Ringe, Tabery und Koopmann vor ein paar Jahren vor seinem Schreibtisch gestanden hätten. „Sie hatten keinen Cent und viele Skeptiker“, erinnerte Dierken. Doch Stück für Stück sei es Ringe und seinen beiden Mitstreitern gelungen, „von der Vision zur Realität zu kommen“.
Harsefelds Bürgermeister Rainer Schlichtmann, Sprecher der LEADER-Arbeitsgruppe Moorexpress-Stader Geest, erklärte, der 200 000-Euro-Zuschuss des Landes für das MGH Oerel sei „gut angelegtes Geld“. Das EU-Förderprogramm LEADER dient der Erstellung ländlicher Entwicklungskonzepte. Das Mehrgenerationenhaus in Oerel habe „sehr deutlich Vorbildfunktion“, sagte Schlichtmann.
Architekt Lothar Tabery überreichte Helmut Ringe nicht nur den Schlüssel des „Koopmannhofes“, sondern auch einen eigens erstellten Bildband zur bewegten Geschichte des Hauses. Der Bremervörder hat sich schon 1978 in seiner Diplomarbeit mit dem Thema Mehrgenerationenwohnen beschäftigt. Glückwünsche überbrachten außerdem die „Börne“-Geschäftsführerin Susanne Frost und DRK-Urgestein Heide Rehbock, die dem Haus und seinen Verantwortlichen im Namen der umliegenden Ortsvereine alles Gute wünschte. Bruno Reichard vom Festausschuss dankte Helmut Ringe für die Energie, mit der er das Projekt verfolgt habe.
Für den musikalischen Rahmen der Feier sorgten die Kinder der Kita Oerel sowie Marcus Steinbach (E-Piano) und Jaques Laval (Klarinette und Saxophon), zwei von vier Musikern der Formation „Something like Jazz“.
Modellcharakter
Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels soll Oerel als Modelldorf des Landes Niedersachsen beispielhaft zeigen, wie Dorfzentren belebt und leer stehende Häuser nachhaltig genutzt werden können. Der Modellcharakter des Projektes Mehrgenerationenwohnen half Oerel, ein zweites Mal ins niedersächsische Dorferneuerungsprogramm zu gelangen. Für das MGH gab es einen Zuschuss von 200 000 Euro, die höchstmögliche Summe, die das Land vergibt. Die Planungs- und Umbauphase für das künftige Begegnungs- und Veranstaltungszentrum nahm rund zwei Jahre in Anspruch. Das Obergeschoss der ehemaligen Gastwirtschaft mit Saalbetrieb hat die Gemeinde an „Die Börne“ vermietet, die in den neuen Räumen ein Therapiezentrum mit den Schwerpunkten Ergotherapie und Krankengymnastik betreibt.
Voll besetzt: Der alte, neue Saal .
Artikel vom 22.09.12 - 06:00 Uhr
Die Eröffnung des Mehrgenerationshauses in Oerel ist am letzten Wochenende im September geplant.
Zu diesem Anlass wurde ein Festausschuss gebildet.
Am 15. September wird eine Ideenwerkstatt für die Nutzung des Mehrgenerationshauses veranstaltet.
Die Börne zieht ab dem 15.06. ein.
Info´s : http://www.dieboerne.de/
Bauherr Gemeinschaftshaus: Gemeinde Oerel
Bauherrengemeinschaft für die Wohnhäuser
Bauzeit: in Planung
Projektbetreuung: Plan W
"Middenmang" im
Elbe-Weser-Dreieck entsteht in Oerel (Samtgemeinde Geestequelle) ein Wohnprojekt für jung und alt. Hier wird nachbarschaftliches Wohnen, mitten im Dorf leben und weltweites arbeiten
mit dem schnellsten Internetzugang Deutschlands (Glasfasernetz) möglich.
"Middenmang" rund um ein Gemeinschaftshaus mit großem Gruppenraum/Gemeinschaftsküche, Internet-Café und Bücherei sowie gemeinschaftlichen Freibereichen und Höfen zum Spielen und Feiern sind ca. 9
bis max. 18 Wohneinheiten von 50 bis 150 qm Wohnfläche als Doppelhäuser mit flexiblen Wohngrundrissen geplant.